Forum Übersicht - Soziale Reproduktion in der Krise Sorge-Kämpfe in Krankenhäusern und Kitas / Julia Dück
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PUBLIKATION Soziale Bewegungen / Organisierung - Arbeit / Gewerkschaften - Reproduktive Gerechtigkeit - Gesundheit und Pflege
Julia Dück Soziale Reproduktion in der Krise Sorge-Kämpfe in Krankenhäusern und Kitas
978-3-7799-3058-7 I April 2022 I 39,95 € I Erschienen im Beltz-Verlag
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Der Text dieser Publikation wird unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung – Nicht-kommerziell – Weitergabe unter gleichen Bedingungen – 4.0 International (CC BY-NC-SA 4.0) veröffentlicht. Krankenschwestern streiken nicht? Und Erzieher*innen spielen nur mit den Kindern? Von wegen! Immer wieder kommt es zu Streiks in Krankenhäusern und Kitas. So etwa im Sommer 2021 in den landeseigenen Kliniken in Berlin oder aktuell im Sozial- und Erziehungsdienst. Personalmangel, Zeitdruck und Arbeitsverdichtungen – das kennen Beschäftigte in der bezahlten Sorgearbeit nur zu gut. So beklagen Pflegekräfte bundesweit schon lange, dass sich ihre Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren massiv verschlechtert haben. Sie kritisieren in erster Linie die Umstellung der Krankenhausfinanzierung auf das sogenannte Fallpauschalen- oder DRG-System (Diagnosis Related Groups) und seine Folgen – nämlich Personalabbau, Kostendruck oder Outsourcing von Bereichen. Auch in den Kitas werden immer wieder massive Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen beklagt. Ähnlich wie in der Pflege sind ein Mangel an Personal und Zeit oder zunehmender Arbeitsdruck bestimmende Themen.
Immer wieder formiert sich aber auch Widerstand: Wie schon im Sommer 2015 kämpften auch im Jahr 2021 Beschäftigte in den Krankenhäusern in Berlin für eine bessere Gesundheitsversorgung. Und auch in den Kitas gingen die Beschäftigten nicht nur im Sommer 2015 über vier Wochen auf die Straße. Aktuell kämpfen sie ebenfalls für eine Aufwertung ihres Berufs.
Eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen auf der einen und zunehmende Kämpfe um Sorge auf der anderen Seite – was geht da vor in einem Feld, das lange Zeit privat und unsichtbar erschien?
Dieser Zusammenhang von Krisen und Kämpfen um Care steht im Fokus dieses Buches. Die Ursachen von Krisen der sozialen Reproduktion werden jedoch nicht nur als Folgen von Abwertung verstanden. Vielmehr geht es auch darum zu zeigen, wie und wo Sorge gegenwärtig nutzbar gemacht und teilweise aufgewertet wird. Demnach geraten Krankenhäuser aktuell unter Kostendruck; die Kinderbetreuung, Erziehung und Bildung wird hingegen gesellschaftlich aufgewertet – und dennoch beklagen die Beschäftigten in beiden Bereichen gegenwärtig eine Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen und der Versorgungsbedingungen von Patient*innen und Kindern. Worum es in den Kämpfen um bezahlte Sorgeverhältnisse geht, was sie gemeinsam haben und worin sie sich unterscheiden – all das nimmt das Buch mit Blick auf Kämpfe in den Krankenhäusern und Kitas in den Blick. Zugleich entwirft es im Anschluss an marxistische und (queer-)feministische Theorien ein eigenständiges Konzept der sozialen Reproduktion und ihrer Krisen. Soziale Reproduktionsverhältnisse umfassen nicht nur die materielle Regeneration der Ware Arbeitskraft. Und ihre Krisen lassen sich nicht reduzieren auf die Knappheit von Ressourcen und Erschöpfung. Sie umfassen ebenso das Denken, Fühlen und Handeln der vergeschlechtlichten Subjekte. Krisen werden etwa auch als Krisen der Gewohnheiten verstanden. Im Zentrum des Buches stehen also einerseits aktuelle Kämpfe um Sorge, andererseits gegenwärtige Themen marxistischer und feministischer Theorie und Politik.